Zugang zu den Weiherwiesen

Auf dem Stadtprospekt ist der See schon lange drauf – jetzt sollen ihn auch Fremde finden: In den Weiherwiesen im Rohrachtal sind ein barrierefreier Zugang und eine Aussichtsplattform geplant. Die Naturschützer haben bereits ihre Zustimmung signalisiert.

Geislingen – Der versteckte See in den Weiherwiesen, der bisher nur über einen schmalen Trampelpfad zu erreichen ist, soll bald allen zugänglich sein. Dort, wo sich dicht an der Wasserfläche eine Böschung befindet und eine Stromleitung ohnehin eine Schneise erforderlich macht, will der Arbeitskreis ‚‚Soziales, Kultur, Freizeit’’ der Lokalen Agenda 21 einen Zugang mit Aussichtsplattform schaffen – und zwar gemeinsam mit dem Naturschutzbund und dem Stadtbehindertenring. Gedacht ist, entlang eines bereits befestigten Weges einen barrierefreien Naturlehrpfad einzurichten, mit dem auch Rollstuhlfahrer die Möglichkeit haben sollen, die Natur zu erleben. So sah es jetzt auch Hartmut Felgner, Sprecher des Arbeitskreises Göppingen des Landesnaturschutzverbandes (LNV). Der Arbeitskreis, der die privaten Naturschützer des Landkreises vereint, hat sich bei seiner jüngsten Sitzung mit dem Vorhaben befasst. Vorbehalte, die es gegen die hölzerne Plattform gab, wurden im Interesse der Rollstuhlfahrer zurückgestellt.

Zufällig entstanden

Dass der See bislang schwer zugänglich ist, wertete Felgner im Hinblick auf den Naturschutz als vorteilhaft. Bei einer entsprechenden Erschließung, so gibt er zu bedenken, müsse nun mit einer ‚‚Beunruhigung der Weiherwiesen’’ gerechnet werden. Arbeitskreis-Mitglied Dr. Martin Kley sprach die Zufahrt und das Parken an. Dazu stellte die städtische Umweltbeauftragte Sonja Pfau fest, dass entlang des ‚‚Weißen Wegs’’, der von der B 10 zu der Forellenzucht hinüber führe, einige Abstellplätze geschaffen werden könnten. Nach Angaben Pfaus soll auf Schautafeln auf die Besonderheiten dieses Naturschutzgebiets hingewiesen werden. Finanziert werde das Vorhaben mit Mitteln aus der Bürgerstiftung und des Regierungspräsidiums; außerdem erhoffe man sich die Unterstützung von Sponsoren.

Felgner legte Wert darauf, dass der Bau der Aussichtsplattform außerhalb der Vegetations-, Laich- und Brutperiode erfolgen muss. Nach Angaben von Peter Lecjaks, dem Leiter der städtischen Baurechtsbehörde, wurden bislang aber keine Pläne eingereicht.

Die Entstehung des heutigen Sees wird auf mehrere Faktoren zurückgeführt, wie sich Gunnar Müller, Vorstandsmitglied des Naturschutzbundes Geislingen, entsinnt. Schon immer habe es in den sumpfigen Weiherwiesen einen Tümpel gegeben, doch dann sei in den 60er und 70er-Jahren das Abflusssystem erheblich beeinträchtigt worden – und zwar einerseits durch Gesteinsschutt aus dem Stollen der Landeswasserversorgung, der durch den Geiselsteinberg gegraben wurde, und andererseits durch Abraummaterial aus der Geislinger Altstadtsanierung. Noch heute seien Tuffquader zu sehen, die möglicherweise auch vom einstigen Hotel Sonne stammen könnten.

Der tausende Tonnen schwere Druck des abgelagerten Materials habe nach Auffassung von Geologen zu einer Anhebung des Grundwasserspiegels geführt, sagt Müller und nennt als dritten Faktor den Bau der Fischzucht, der den bis dahin natürlichen Abfluss eingeschränkt habe.

Wie der ‚‚Schluncksee’’

Eine andere Variante besagt, die Stauung in den feuchten Wiesen habe begonnen, als Ende der 70er Jahre im Rahmen einer Trinkwasser-Bohrung ein kleiner Damm für Baufahrzeuge aufgeschüttet worden sei. Jedenfalls ist aus dem rundum eingewachsenen See ein 12,8 Hektar großes Naturschutzgebiet geworden.

Damit ist im kleinen Stil ungewollt eine Wasserfläche entstanden, die vor vielen Jahrzehnten als ‚‚Schluncksee’’ für Schlagzeilen gesorgt hatte: Geistiger Vater war Emil Schlunck gewesen, von 1930 bis 1938 Bürgermeister Geislingens. Er hatte einen 16 Hektar großen, 600 Meter langen See anlegen wollen, um eine Touristenattraktion zu schaffen. Erst Mitte der 50er Jahren wurde das Projekt begraben, nachdem ihm das Wasserwirtschaftsamt eine Abfuhr erteilt hatte, weil es die Trinkwasserquellen im Rohrachtal gefährdet sah. Heute freilich könnte das Naturschutzgebiet eine hohe Hürde für den Weiterbau der B 10-Umgehungsstraße in Richtung Amstetten darstellen.

Verfasser: Margit Haas, Manfred Bomm
erschienen in der Geislinger Zeitung am 17.03.2007

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